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Rückblick zur RENN.west ARENA 2024: Wie kann der nachhaltige Umgang mit begrenzten Flächen gelingen?

RENN.west

Am 04. November fand unsere inzwischen achte Jahrestagung statt, diesmal in Saarbrücken und zum Thema der nachhaltigen und multifunktionalen Flächennutzung. Einige Eindrücke sammeln wir hier.

Wie kann der nachhaltige Umgang mit begrenzten Flächen gelingen? Diese Frage stand im Mittelpunkt der RENN.west ARENA 2024. Im Innovation Center der Universität des Saarlandes in Saarbrücken brachten dafür Expert*innen aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Co ihre Perspektiven und Ideen ein.

Einen Ausgangspunkt für die Diskussionen setzte die Ministerpräsidentin des Saarlandes Anke Rehlinger in einer Videobotschaft. Sie wies das Thema Fläche als Spannungsfeld aus, in dem extremer Druck herrsche. Die Frage nach dem Umgang mit der begrenzten Ressource sei zwar ein Dauerbrenner, mache aber noch kaum Schlagzeilen. Daher gelte es für die verschiedenen Ebenen mit Bedarf an Flächen, gemeinsam Lösungsansätze zu entwickeln.

Bund, Land, Kommune: Flächen im Spannungsfeld

Anknüpfend folgten drei Impulse, die das Thema Fläche auf Ebene des Bundes, der Länder und der Kommunen betrachteten.

Prof. Dr.-Ing. Jan Matthias Stielike (Jade Hochschule / Akademie für Raumentwicklung in der Leibniz-Gemeinschaft) eröffnete mit einem Blick auf Strategien der Bundesebene: „Politische Ziele für den Flächenverbrauch, von 30 Hektar bis Netto Null, liegen vor. Aber echte Flächenkreislaufwirtschaft ist bislang politisch weder strategisch noch instrumentell unterlegt“.

Stielike stelle dazu einen Vorschlag der Arbeitsgruppe „Perspektive netto-null Flächenverbrauch“ vor: die Zubau-Rückbau-Regel. Diese besage, dass Neuinanspruchnahmen von Flächen vorranging zu vermeiden seien. Führe kein Weg daran vorbei, müsse dies durch eine Flächenrückgabe an Natur und Landschaft an anderer Stelle kompensiert werden.

Wie Flächenkonkurrenzen durch das Handeln der Länder aufgelöst werden können, behandelte Helga May-Didion, Abteilungsleiterin Naturschutz und Forsten im Ministerium für Umwelt, Klima, Mobilität, Agrar und Verbraucherschutz des Saarlandes, in ihrem Impuls. Als zentrales Instrument zur Steuerung von Flächennutzung und auch zur Auflösung von Konkurrenzen nannte sie Landesentwicklungspläne. Durch die hohe Geschwindigkeit, mit der neue Daten vorlägen, sei Nachsteuern kontinuierlich notwendig, aber auch möglich. Um Ziele für Arten- und Klimaschutz zu erreichen, seien Schutzvorgaben (wie die 30% Schutzgebiete an Land aus dem Kunming-Montreal-Abkommen) dienlich.

Ihr Appell: „Wir können mehrere Ziele auf einer Fläche erreichen! Dafür müssen wir Synergien nutzen, anstatt weiter Konkurrenzen aufzubauen.“

Flächenfragen der kommunalen Ebene diskutierte schließlich die Diplom-Geographin und Stadtplanerin Andrea Hartz (agl Hartz • Saad • Wendl). Ihre Einschätzung: „Wir sind aktuell nicht auf dem richtigen Weg. In Stadtregionen gibt es immer noch zu viele Freiraumverluste und die Reduzierung der Neuinanspruchnahme ist nicht ausreichend.“

Erfolg verspräche laut Hartz ein Instrumentenmix, der Kernstädte, verdichtetes und wenig verdichtetes Umland in den Blick nimmt und sich aus Regional-, Landschafts- und Bauleitplanung sowie Freiraumentwicklungskonzepten bediene. Dabei gelte: „Wir müssen den Freiraum(schutz) prioritär in den Blick nehmen!“ Nötig dafür seien ein räumliches Vorsorgesystem sowie eine evidenzbasierte Freiraumplanung.

Nachhaltigkeit auf der Fläche: Hebel und Hürden

In einer anschließenden Diskussion der drei Impulsgebenden wurden u.a. Hebel und Hürden für nachhaltige Flächennutzung diskutiert. Als Hebel identifiziert wurden Moorschutz, flächeneffizientes Bauen in Kombination mit Freiraumschutz und die Vereinfachung kommunaler Vorkaufsrechte für Flächen.

Hürden seien u.a. die Akzeptanz in Politik und Bevölkerung für Änderungen in der Flächennutzung, die nötige Neuausrichtung von Eigentumsrechten sowie die aktuellen Finanzierungsmöglichkeiten von Kommunen, die stark an flächenabhängigen Gewerbesteuern hängen.

Zudem wurde diskutiert, dass Bund und Länder gemeinsam Rahmenbedingungen für z.B. Zu- und Rückbau festlegen müssten, dass es Monitoringsysteme brauche und dass Kommunen im Rückbau bisher oft keine eingeübten Routinen haben. Zudem die Notwendigkeit gezielter Kommunikation, um visionäre Bilder grüner Städte zum Ideal zu machen. 

Vom Problem zur Vision: Workshops zu konkreten Flächenkonflikten

Nach den Impulsen wurden die Teilnehmenden in drei Workshops, den bRENNpunkten, aktiv zu den Themen 

  • Siedlungs- und Verkehrsflächen in Strukturwandelprozessen
  • Energie, Landwirtschaft und Biodiversität
  • Freiflächen und gesundheitliches Wohlergehen.

Hier wurden konkrete Lösungsansätze für nachhaltige Flächennutzung diskutiert und entwickelt. Die Ergebnisse wurden nicht nur in einer Podiumsdiskussion vorgestellt, sondern auch durch Nutzung einer KI in Bildform gegossen (die Motive sind oben im Artikel zu sehen).

Zentral waren folgende Feststellungen:

  • Strukturwandelprozesse bieten die Chance, nachhaltige Wohn- und Mobilitätslösungen gemeinsam zu gestalten und Strukturwandelregionen zu multifunktionalen Innovationslandschaften zu entwickeln. Dabei sollten Baustoffe recycelt werden, Verkehrswege schlau geplant und Wohnflächen nachverdichtet werden.
  • Durch eine multifunktionale Flächennutzung kann auf einer Fläche gleichzeitig Landwirtschaft betrieben werden, Energie gewonnen und Arten geschützt werden.
  • Für unsere Gesundheit und Erholung sind Freiflächen wichtig, die Orte der Begegnung und der Bewegung sind. Gleichzeitig leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Stadtklima und zur Klimafolgenanpassung. Die Versiegelung in Kommunen sollte als ein wichtiger Indikator erfasst werden, auch als Datengrundlage für die Entwicklung von z.B. Nachhaltigkeitsstrategien.

Einen Fokus auf die wirtschaftswissenschaftliche Perspektive legte Prof. Dr. Dirk Löhr, Professor für Steuerlehre und ökologische Ökonomik an der Hochschule Trier, in seinem Beitrag. Er betonte, dass Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen in Planungsprozessen stattfinden müssen und forderte: „Wir brauchen mehr Instrumente, um zu Gunsten der Gemeinschaft in Vorkaufsrechte eingreifen zu können.“

In seinen Abschlussworten unterstrich Dr. Klaus Reuter, dass die aktuelle Gesetzeslage nicht mehr dem entspreche, was für die sozial-ökologische Transformation und für maximal multifunktionale Flächennutzung benötigt werde. Hier brauche es den politischen Mut zum Umsteuern – der auch, wie das Beispiel Paris zeige, zu Wahlerfolgen führen könne.

Welche Handlungsempfehlungen sich aus den Impulsen und Diskursergebnissen des Tages für die politischen Ebenen ableiten lassen, fassen wir in Kürze in Form eines Eckpunktepapiers zusammen. 

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