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Zusammen zur Arbeit: Die Entwickelnden der Mitfahr-App goFLUX im Interview

RENN.west Nordrhein-Westfalen
Bild, auf dem zwei Smartphones zu sehen sind. Das eine zeigt die Anmeldeseite der goFLUX App mit dem Logo, den Knopfen "Facebook", "mit Apple anmelden", Log in" und "Registrieren" auf einem blau-grünen Hintergrund. Das andere zeigt ein App-Interface mit dem Text "Zuhause (Pfeil) Arbeit" und den Profilen von zwei Mitgliedern, Abdul B. und Linda S.

Volle Bahnen, Stau, Verzögerungen im Betriebsablauf. Pendeln kostet Zeit und Nerven – egal ob mit Bus, Bahn oder Auto. Mit einem innovativen Konzept wollen die Erfinder*innen von goFLUX den Pendelverkehr revolutionieren. Dafür wurde das Kölner Unternehmen im diesjährigen Wettbewerb Projekt Nachhaltigkeit in der Kategorie „Transformation“ ausgezeichnet. Im Gespräch erklärt Lisa Schultheis, Head of Communications bei goFLUX, warum Vernetzung wichtig ist, in welcher Stadt das Deutschlandticket auch im Auto gilt und wie man es schafft, eine Brücke über den Tagebau bis nach Jülich zu schlagen. 

Frau Schultheis, goFLUX wurde 2019 gegründet, mit dem Ziel, der Ineffizienz des Pendlerverkehrs etwas entgegenzusetzen. Wo setzt goFLUX da an?

In seiner Studienzeit stand unser Gründer Wolfram häufig an einer Bushaltestelle an einer großen Straße in Köln. Die vorbeifahrenden Busse waren total voll und gleichzeitig waren die Autos immer nur mit einer Person besetzt. Das ist sehr typisch für den Pendelverkehr: der Besetzungsgrad liegt hier bei nur 1,08.

Damit die Menschen auf eine klimafreundlichere Mobilität umsteigen, im wahrsten Sinne des Wortes, sollte ein alltagstauglicher Lösungsansatz her. goFLUX ist eine einfach zu bedienende App, die auf Basis von KI (private) Fahrgemeinschaften für Pendelnde vermittelt und dabei Fahrten mit dem Auto und dem ÖPNV intelligent verbindet.

Dabei fokussieren Sie sich bisher hauptsächlich auf den Arbeitsweg. Gibt es Ambitionen, das Angebot zu erweitern – beispielsweise für Sportveranstaltungen oder andere Großveranstaltungen?

Es gibt schon ein Feature, das genutzt werden kann, damit Menschen in Fahrgemeinschaften zur gleichen Veranstaltung reisen können, beispielsweise zu einem Fußballspiel. Wichtig ist uns aber, das Konzept erst mal vor Allem in den Alltag der Menschen zu bringen. Unser Fokus wird daher immer primär der Berufsverkehr sein.

Wie wird bei der Erschließung einer neuen Region vorgegangen?

Wir sind quasi auf zwei Ebenen unterwegs. Die eine ist die kommunale Ebene, also Kommunen und ÖPNV-Träger. Das andere sind Unternehmen. Unter diesen verschiedenen Akteur*innen suchen wir uns Kooperationspartner*innen, sodass für die Region ein ganzheitliches Konzept entstehen kann. In Bonn beispielsweise arbeiten wir mit den Stadtwerken zusammen, sodass Fahrplandaten von SWB Bus & Bahn in unserer App integriert sind. Das ermöglicht auf einfache Weise intermodale Routen, also eine Kombination von Bus, Bahn und Fahrgemeinschaft. Darüber hinaus können Besitzer*innen eines Deutschlandtickets oder anderer ÖPNV-Abonnements vergünstigt oder sogar kostenlos über goFLUX in Fahrgemeinschaften mitfahren.

Gerade im ländlichen Raum ist die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel oft sehr schlecht. Gleichzeitig sind die Einwohnerzahlen hier gering. Kann goFLUX auch im ländlichen Raum eine effektive und funktionierende Ergänzung zum ÖPNV bieten?

Neue Mobilitätskonzepte brauchen immer einige Jahre Aufbauzeit. In unseren Projekten beobachten wir ein exponentielles Wachstum, sowohl in den Zahlen als auch auf der Straße, bis sie eine verkehrliche Wirkung haben.

Wir könnten natürlich in eine Kommune mit 700 Einwohnenden gehen und versuchen, goFLUX dort zu etablieren. Elementar ist für uns aber, Knotenpunkte zu etablieren, um zeitnah ein gutes und dichtes Pendelnetz aufzubauen. Und dazu müssen wir eben mehrere Akteur*innen in einer Region ansprechen. Eine der größten Herausforderungen ist, eine kritische (Nutzungs-)Masse zu erreichen, sodass genug Fahrtangebote für Anfragen vorhanden sind. Meiner Meinung nach sind daran die meisten Mitfahr-Projekte in den vergangenen Jahren gescheitert – es reicht nicht, nur eine „gute Technologie“ zu haben: Die beste App nützt nichts, wenn sie nicht genutzt wird.

Ein schönes Beispiel für eine kritische Masse, die wir (neben der Region Bonn) erreicht haben, ist Jülich – sehr ländlich gelegen. Unser Praxispartner ist das Forschungszentrum Jülich. Dort arbeiten über 7000 Mitarbeitende, überwiegend mit weiten Pendelstrecken. Die Anreise ist für viele eine tägliche Herausforderung, da der ÖPNV nur sehr begrenzt verfügbar ist. Das Etablieren digitaler Fahrgemeinschaften hat dort sehr gut funktioniert, weil wir Unternehmen, Stadt/ Kommune und ÖPNV-Träger miteinbezogen haben. Für Netzwerkeffekte braucht es also diese Multiplikatoren.

Welche Vorteile bietet es für Kommunen, die Nutzung von goFLUX zu etablieren?

Klimaschutz geht uns alle an, da können wir als Privatpersonen ansetzen, als Unternehmen, aber da müssen auch Kommunen ansetzen. Sie haben also Interesse daran, CO2-Reduktion zu betreiben. Genauso wichtig ist auch eine „gute Mobilitätsversorgung“. Sie können Ihren Anwohnenden so also mehr vernetzte und nachhaltige Mobilität bieten. In den nächsten ein, zwei Jahrzenten wird der ÖPNV nicht überall verfügbar sein. goFLUX kann hier die Brücke schlagen, die bestehenden Netze zusammenführen und so für die Kommunen eine bessere Anbindung schaffen.

Begeben wir uns gedanklich in das Jahr 2060. Wie sieht Deutschland mit einer sozial gerechten und klimaverträglichen Mobilität aus?

Ich glaube, dass in den Köpfen angekommen ist, dass man ÖPNV und MIV (motorisierten Individualverkehr) im Alltag sinnvoll kombinieren kann. Aber vor allem hoffe ich, und das ist der wichtigste Punkt, dass der MIV drastisch reduziert ist. Es pendeln nicht mehr 70 Prozent der Menschen mit dem eigenen PKW zur Arbeit, sondern nur noch 20 bis 30 Prozent. Es gibt autonom fahrende Fahrzeuge und Shuttles. All diese Dinge sind wichtig, denn ich glaube, nicht nur eine Mobilitätsform wird unsere Zukunft sein, sondern innovative, smarte Konzepte, die einfach gut zusammenpassen und sich an den richtigen Stellen ergänzen.

Mehr Infos zu goFlux hier.

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